Goethe über das Rauchen

»Das Rauchen macht dumm, es macht unfähig zum Denken und Dichten. Es ist auch nur für Müßiggänger, für Menschen, die Langeweile haben. Die ein Drittel des Lebens verschlafen, ein Drittel mit Essen und Trinken und anderen notwendigen oder überflüssigen Dingen hindudeln, alsdann nicht wissen, obgleich sie immer 'vita brevis' ('das Leben ist kurz') sagen, was sie mit dem letzten Drittel anfangen sollen. Für solche faulen Türken ist der liebevolle Verkehr mit den Pfeifen und der behagliche Augenblick der Dampfwolke, die sie in die Luft blasen, eine geistvolle Unterhaltung, weil sie ihnen über die Stunden hinweghilft.«

»Wenn es so fortgehen sollte, wie es den Anschein hat, so wird man nach zwei oder drei Menschenaltern schon sehen, was diese Schmauchlümmel aus Deutschland gemacht haben. An der Geistlosigkeit, Verkrüppelung und Armseligkeit unserer Literatur wird man es zuerst bemerken, und jene Gesellen werden diese Misere dennoch höchlich bewundern. Und was kostet der Greuel! Schon jetzt gehen 25 Millionen Taler in Deutschland im Tabakrauch auf, die Summe kann auf 40, 50, 60 Millionen ansteigen. Und kein Hungriger wird gesättigt und kein Nackter bekleidet. Was könnte mit dem Gelde geschehen!«

»Aber es liegt auch im Rauchen eine arge Unhöflichkeit, eine impertinente Ungeselligkeit. Die Raucher verpesten die Luft weit und breit und ersticken jeden honetten Menschen, der nicht zu seiner Verteidigung zu rauchen vermag. Wer ist denn imstande, in das Zimmer eines Rauchers zu treten, ohne Übelkeit zu empfinden? Wer kann darin verweilen, ohne umzukommen?«

Johann Wolfgang von Goethe

(Zitiert nach Kurt Salzer »13 Methoden, sich das Rauchen abzugewöhnen«, Schuler Verlagsanstalt, Stuttgart)

Abschließende Glosse

Es wäre interessant, die Goetheschen Voraussagen von Talern in Euro umzurechnen, um festzustellen, inwieweit die von Deutschlands heutigen Rauchern verpufften Geldbeträge der Goetheschen Schau entsprechen.

Aus dem berufenen Munde des deutschen Dichterübervaters wissen wir also, dass die gegenwärtige Misere Deutschlands sowie manche Unfähigkeit zum Dichten und Denken einzig und allein den »Schmauchlümmeln« anzulasten sind.

Zu welchen vernichtenden Schlüssen über die Geistlosigkeit, Verkrüppelung und Armseligkeit unserer Literatur würde er wohl erst gelangen?

Andererseits muss sich Goethe aber einen scharfen Verweis wegen politischer Unkorrektheit (Diskriminierung eines Volkes) gefallen lassen.

Johannes Beilharz, April 2005